11.04.2017
Ausbildung
Die Feuerwehr Hamburg funkt nun auch auf der Nordsee digital!
Wir befinden uns im Jahre 2017 n. Chr. Ganz Hamburg funkt seit 2010 digital… Ganz Hamburg? Nein!
Eine von unbeugsamen Feuerwehrleuten bevölkerte kleine Insel, umgeben von der feindseligen Nordsee, hört nicht auf, dem digitalen Eindringling erbitterten Widerstand zu leisten.
So ähnlich wie die Abenteuer eines sehr bekannten, kleinen gallischen Kriegers könnte man diesen Bericht beginnen, doch fangen wir mal ganz anders an.
Die Insel Neuwerk ist ein rund 3,3 km² großes Eiland mit einer aktuellen Einwohnerzahl von 36 Köpfen. Obwohl vor der Elbmündung, etwas nordwestlich von der Stadt Cuxhaven (Niedersachsen) gelegen, gehört die Insel seit 1393 zu Hamburg, in der heutigen Zeit zum Bezirk Hamburg-Mitte.
Die Insulaner bestreiten ihren Unterhalt in der ersten Linie durch den alljährlichen saisonbedingten Tourismus, denn z. B. die Kutschfahrten durchs Watt auf die Insel und zurück sind ein Muss für alle Leute, die in Cuxhaven und Umgebung Urlaub machen. Ansonsten gibt es noch ein wenig Landwirtschaft und einen kleinen Bauhof der Hamburg Port Authority (HPA), die unter anderem auch für den Deichschutz auf der Insel verantwortlich ist.
Für den Brandschutz gibt es auf der Insel natürlich auch eine kleine Freiwillige Feuerwehr, neben einem Kleinboot (KLB) ausgestattet mit einem eigens für die Bedürfnisse auf Neuwerk aufgebauten Rüst-Löschfahrzeug (RLF) und einem Anhänger für eine Tragkraftspritze. Und weil die Wehr auf der Insel auch für die Erstversorgung zuständig ist, ist hier auch ein komplett ausgestatteter Rettungswagen (RTW) stationiert, der einzige seiner Art bei einer Freiwilligen Feuerwehr in Hamburg.
Hauptsächlich sind die Feuerwehrleute auf Neuwerk über die Saison mit Suchaktionen im Watt oder mit der Versorgung von Erkrankten und Verletzten beschäftigt. Brennen tut es auf Neuwerk nur sehr, sehr selten: den letzten großen Brand gab es im Jahre 1991.
Bei der Einführung des Digitalfunks in Hamburg im Jahre 2010 musste die FF Neuwerk damals vollständig ausgeklammert werden, weil die Wehr aufgrund der geographischen Lage funktechnisch an die Feuerwehr-Leitstelle in Cuxhaven (Niedersachsen) angeschlossen ist. Und da Niedersachsen ein Flächenland ist, dauerte der Aufbau der digitalen Netz-Infrastruktur entsprechend ein paar Monate/Jahre länger als in Hamburg. Dazu kommt noch die Beschaffung der Endgeräte, die in der Anzahl weit über das Maß der Hamburger BOS hinausgehen. So konnte das altbewährte, analoge Funksystem hier in dieser Region noch ein Weilchen länger „überleben“.
Doch vor 2 Jahren kam dann zum ersten Mal die Erkenntnis auf, dass auch die FF Neuwerk alsbald mit digitalen Endgeräten ausgestattet werden muss. Aus organisatorischen Gründen stellte sich besonders die Frage, wer die Schulung übernehmen soll: Cuxhaven oder Hamburg? Nachdem dann im vergangenen Jahr die Entscheidung fiel, dass die Neuwerker letztendlich mit Funkgeräten aus Hamburg ausgestattet werden sollen, ging der Schulungsauftrag zur FF Hamburg über.
Und so ging es am 23. März dieses Jahres in die letzte Phase der Einführung des digitalen BOS-Funks bei der FF Neuwerk: Die Schulung der Wehrmitglieder.
Dafür machten sich die Kameraden Christian Römmer und Cordt Matthees vom Stab FF03 sowie Thomas Menschel vom Stab FF02 mit einem PKW auf den Weg zur Hafenstadt Cuxhaven.
Dort angekommen, wurde der PKW auf dem Gelände der Wache der Berufsfeuerwehr sicher geparkt und die Mannschaft und das Gepäck mit einem ELW der sehr freundlichen Kameraden aus Cuxhaven zum Wattwagen-Parkplatz in Sahlenburg verbracht.
Hier wurden die Feuerwehrleute aus der Stadt auch gleich vom Wehrführer Steffan Griebel (Steffan wirklich mit 2 „f“!) begrüßt. Nachdem das Gepäck auf einem Trecker-Gespann mit gedecktem Anhänger verladen war und die Mannschaft auf einem der dortigen Sofas Platz genommen hatte, begann die letzte Etappe des heutigen Tages, mitten durch das Watt. Aber zum Glück herrschten super Wetterverhältnisse und die Überfahrt endete ohne Zwischenfälle.
Auf der Insel wurden dann auch gleich die Zimmer bezogen, und nach einem kräftigen Mittagessen (natürlich gab es Fisch) versammelte sich die FF Neuwerk zu den ersten theoretischen Unterrichtseinheiten zum Thema Digitalfunk:
– gesetzliche Grundlagen
– das digitale BOS-Funknetz
– Systematik der Funkrufgruppen im Stadtbereich sowie im Landkreis Cuxhaven
– betriebliche Abwicklung des Sprechfunkverkehrs im Bereich Cuxhaven
Mit einer Besichtigung des Gerätehauses und einem gemütlichen Klönschnack endete dann der erste Tag auf der Insel.
Der zweite Tag begann gleich nach dem Frühstück erst einmal mit der Einweisung auf ein bei der Feuerwehr Hamburg neu eingeführtes Mehrgasmessgerät.
Danach ging es weiter mit dem hauptsächlichen Thema Digitalfunkeinweisung: Ausführliche Gerätekunde zu den neuen Handfunkgeräten (HRT), Mobilfunkgeräten (MRT) und Feststationsgeräten (FRT).
Um das gelernte der vergangenen Stunden auch in die Praxis umzusetzen, gab es natürlich auch eine kleine Funkübung. Dabei konnten sich die Neuwerker Feuerwehrleute an die besondere Betriebstechnik des Digitalfunks gewöhnen. Unter anderem wurde dabei auch die Erreichbarkeit über Funk innerhalb der dicken Mauern im ältesten Bauwerkes von Hamburg getestet, den im Jahre 1310 gebauten Wehrturm, der zwischen 1814 und 2014 auch als Leuchtturm diente und dem Schiffsverkehr von und nach Hamburg den richtigen Weg weisen sollte.
Zum Abschluss des 1. Neuwerker Digitalfunk-Lehrganges wurden dann noch die Urkunden an alle Teilnehmer übergeben – und die Arbeit war getan!
Nach einer letzten kräftigen Mahlzeit auf der Insel drängte schon wieder die Zeit, denn die nächste Ebbe sollte den Weg zurück ans Festland ebnen.
Dann hieß es Abschied nehmen, und ein bereitstehendes Trecker-gespann bewältigte routiniert die Fahrt von der Insel zum Festland. Die vorab informierten Kameraden der Feuerwehr Cuxhaven brachten die Hamburger dann auch wieder von Sahlenburg zurück nach Cuxhaven, wo der PKW für die Rückfahrt in die Heimat parkte.
Gegen Abend traf man wieder ohne besondere Vorkommnisse sicher in Hamburg ein und eine nicht alltägliche Dienstreise war beendet.
Und letztendlich konnte an die Führung und an die Funktechnik gemeldet werden:
„Auftrag erledigt! Auch die FF Neuwerk funkt nun ab sofort als letzte Einheit der Feuerwehr Hamburg nur noch digital!“
Text und Bilder: Thomas Menschel
- [s.neumann]