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Freiwillige Feuerwehr Hamburg

21.07.2020
Aktuelles

WIR brauchen uns – Freiwillige Feuerwehr in Zeiten von Corona


86 Freiwillige Feuerwehren in Hamburg bilden eine nicht wegzudenkende Komponente im Einsatzdienst der Feuerwehr Hamburg. Doch wie gehen eigentlich die ehrenamtlichen Kräfte durch die schwere Zeit? Mischa Beyer (Wehrführer Osdorf) berichtet.

Ein Tag im Homeoffice zu Corona-Zeiten läuft eigentlich immer gleich ab. Aufstehen, frühstücken, die Kinder mit Aufgaben versorgen, arbeiten – HALT! Einen ganz wichtigen Punkt vergessen: Ich muss mich auf den aktuellen Stand bringen. Wie immer überholen sich Meldungen und Maßnahmen – insbesondere zu Beginn der Pandemie – gegenseitig. Also einen Blick ins Intranet geworfen, ins Outlook-Postfach, in SyBOS. Schnell den „Buschfunk“ unter den Wehrführern abgeklappert und den Bereichsführer nach Dingen ausgehorcht, die in der „Pipeline“ schlummern. Alle Rückkehrer nach Hamburg müssen gemeldet werden, der Dienstbetrieb ist untersagt, der Ausbildungsbetrieb an der Akademie fällt aus – das kann ja heiter werden. Auf den Löschfahrzeugen nur noch mit fünf Mann? Sicher… da sei eine kritisch-konstruktive Nachfrage schon mal erlaubt. Ach ja, und natürlich muss ich die Personalverfügbarkeit prüfen und Kräfte einteilen – Tags wie Nachts. Corona hat ja auch etwas Positives: auf einmal kann man flächendeckend auch tagsüber in Dienst gehen. Blöd nur, dass ich nicht alle mitnehmen kann wie sonst immer. Und das, wo doch jeder heiß darauf ist, sich einzubringen. Denn: die Einsätze sind noch die einzigen Momente, bei denen wir uns sehen und sprechen können. Kein Getränk mehr nach den Einsätzen? Wie bringe ich das meinen Kameradinnen und Kameraden schonend bei? Es sind halt die kleinen Dinge, die am meisten fehlen. Die Disziplin und das Verständnis der Kameradinnen und Kameraden sind aber auch dort äußerst bemerkenswert. Im Endeffekt hat sich jeder darauf vorbereitet, was eigentlich passiert, wenn die Pandemie flächendeckend in Hamburg zuschlägt. Schließlich haben meine Wehrführerkolleginnen und -kollegen ja sogar Ausfall- und Maßnahmenpläne dafür ausgearbeitet. Im Endeffekt wartet alles wochenlang auf den GAU, doch nichts passiert – und seien wir mal ehrlich: so richtig traurig ist darüber hoffentlich niemand. Derartige Planungen stellen nur eine neue Aufgabe dar, mit denen wir Wehrführer konfrontiert werden. Und die Aufgaben werden auch mit fortschreitenden Wochen nicht weniger, die Situation nicht einfacher. Eigentlich bin ich ja ganz gut in stressigen Zeiten, aber irgendwann kommt der Punkt, wo ich meinem Bereichsführer die Kapitulation androhen musste. Drei Kinder, Arbeit, Feuerwehr… das fordert seinen Tribut. Dann ein ganz starkes Signal aus der Behörde für Inneres uns Sport: die Wehrführer bekommen die Möglichkeit, für die angefallene Mehrarbeit Verdienstausfall einzureichen. Es signalisiert, dass man uns momentan nicht entlasten kann, jedoch einiges tun möchte, um uns die Mehrarbeit erträglicher zu gestalten. Inzwischen sind einige Lockerungen erlassen worden: Der Dienstbetrieb durfte wieder aufgenommen werden, wenngleich zunächst nur mit einer maximalen Personenstärke von zehn Personen. Natürlich stellt uns Wehrführer auch das wieder vor neue Herausforderungen. Wie gestaltet man einen Dienst- und Ausbildungsplan, der den Regelungen entspricht? Ich kann meine Wehr natürlich dritteln, und jede Wehr gestaltet ihre Dienste selber. Aber ist das der Weisheit letzter Schluss? Fragen über Fragen. Ich weiß nur eines: Mein erster „Dienst“ in meinem „Bonner Anzug“ mit meinen Kameradinnen und Kameraden tat mir gut – richtig gut. Ich habe es vermisst. Natürlich haben auch wir Skype und Zoom für uns entdeckt. Das hat Spaß gemacht und ist eine ganz wichtige Sache, aber es ersetzt halt nicht das soziale Miteinander. Und das zeigt mir eines: Wir von der Freiwilligen Feuerwehr sind nicht für Fernbeziehungen geboren. Der Dienst in der Freiwilligen Feuerwehr und an der Allgemeinheit ist mehr als nur ein Zeitvertreib, mehr als nur Freundschaft – es geht weit darüber hinaus. Nicht nur die Bürgerinnen brauchen uns, oder die Berufsfeuerwehr… vor allem brauchen WIR uns.

 

- [a.schefler]