19.12.2020
Aktuelles
„Wir fahren auf der Insel nicht mit Blaulicht und mit Martinshorn“
Wie die LBF-Aktuell und das Löschblatt bereits berichteten, erfolgt ab Frühjahr 2021 eine Einsatzunterstützung der FF Neuwerk durch Kameradinnen und Kameraden vom Festland. Zwei Hamburger Kameraden samt Begleitung durften auf der Insel pilotieren und die Wohnungen, Einsätze sowie den Ablauf generell testen. Einer dieser Kameraden ist Ruben, 38 Jahre, FF Rönneburg.
Ruben, du hast zusammen mit deiner Familie samt Hund das „Abenteuer Neuwerk“ testen dürfen. Wie ist es euch da ergangen?
Sehr gut. Das erste Highlight war bereit die zweistündige Überfahrt mit der Fähre – für die Kinder natürlich interessant. Nach Ankunft begegnete uns schon das zweite „Highlight“. Der Herr, der unsere Sachen bei der Ankunft entgegennahm, mit typischem Hamburger Schnack. Und dann haben wir die Wohnung eingerichtet.
Wie war es denn in der Wohnung für euch?
Die große Wohnung ist für eine Familie von 5 bis 7 Leuten optimal. Man hat genug Platz, man hat Ausweichmöglichkeiten und kann sich richtig gut bewegen. Es gibt sogar zwei Badezimmer, man muss also morgens nicht anstehen. Und auch die Wehr selbst ist besonders ausgestattet: Man hat dort Rüstlöschfahrzeug und einen Rettungswagen, das ist schon auch ein Highlight.
Hattet ihr die Möglichkeit die Fahrzeuge zu testen, gab es Einsätze während eures Aufenthaltes?
Ja, wir hatten zwei Einsätze, sogar beide am gleichen Tag. Wir hatten TH-Lage zwecks Verschmutzung von der Nordseeseite aus, das kam von der Wasserschutzpolizei, war aber nichts gewesen. Und ein paar Stunden später hatten wir einen Verdacht auf Herzinfarkt. Den haben wir dann ganz souverän abgearbeitet, dann kam auch der Rettungshubschrauber von St. Peter Ording und hat dann die Patienten nach Cuxhaven ins Krankenhaus gebracht.
Ich denke übrigen, es ist schon wichtig, dass die Unterstützer sich die Wache amSamstag, wenn sie ankommen, mal anschauen und Sonntag dann vielleicht die Fahrzeuge kontrollieren, was man ja auch normalerweise immer macht – wie bei der Schichtübergabe der Berufsfeuerwehr. Die Neuwerker haben für das Desinfizieren kaum Zeit und dann sollte man auch, wenn man da ist, Peu à Peu helfen – meine Meinung.
Und sonst, wie habt ihr die Zeit in eurer “Freizeit” verbracht?
Wir haben drei Kinder, einen Hund –das Komplettpaket sozusagen. Wir sind wandern gegangen. Man kann sich einige Sachen angucken. Die Familie ist dann auch mal ins Watt gelaufen, weil wir Unterstützer die Insel ja eigentlich nicht verlassen sollen. Wenn man sie verlässt, sollte man das schon mit dem Wehrführer abklären, damit er das entsprechend einplanen kann. Im Sommer kann man auch nach Scharhörn, zur Vogelinsel, wandern. Auf Neuwerk muss man die Ruhe lieben. Man kann da wirklich runterfahren, bis das Telefon klingelt – oder es klingelt eben nicht. Und wenn das Diensthandy mal klingelt, fährt man mit den Dienstfahrrädern zur Wache, das dauert maximal 3, 4 Minuten.
Wie ist dein Fazit zu der Woche auf Neuwerk?
Es macht Spaß. Bloß wie gesagt, man muss auch die Ruhe mögen und das Wasser lieben. Ich habe z.B. nun sicher das meiste auf Neuwerk gesehen, aber das hindert mich und meine Familie jetzt nicht daran, nächstes Jahr wieder für 14 Tage nach Neuwerk zu kommen, weil ich sowas einfach liebe. Ab der Dunkelheit ist es da stockdunkel. Es gibt eine Straße mit Laternen und das wars. Unsere Kinder können wir rausschicken, die beschäftigen sich, auf so einer Insel kann ja nicht viel passieren. Nur auf dem Watt müssen sie aufpassen, sonst muss ich sie nachher noch selbst retten. Es gibt einen Fußballplatz, es gibt immer Möglichkeiten. Man spaziert um die Insel eine Stunde oder wenn man sich Zeit lässt anderthalb Stunden.
Und ich sehe, du hast auch ein T-Shirt aus Neuwerk an.
Ja, das habe ich von meiner Frau geschenkt bekommen. Die haben wir uns zugelegt. Das möchte ich auch gerne mal so reinwerfen: Unterstützt die Insulaner, geht auch mal Essen. Man kann Souvenire kaufen, den Leuchtturm, die Neuwerkstatt anschauen, beim Kaufmannsladen einkaufen gehen, die Naturschutzwarte sich anschauen und sich hier oder da mal was Kleines kaufen. Es kommt den Bewohnern ja zu Gute. Vieles ist auch handgemacht.
Was ist für dich „Typisch Neuwerk“?
„Typisch Neuwerk“ ist die Gelassenheit. Die Insulaner sind einfach ruhig und gelassen. Wir kriegen den Anruf für den 2. Einsatz, das war ja ein Herzinfarkt, das wussten wir aber noch gar nicht. Die nehmen alles locker und ruhig, aber eben nicht unprofessionell. Sie machen alles professionell, aber sie kennen eben ihre Insel. Sie wissen, da ist kein wirklicher Verkehr. Die paar Fahrzeuge von der HPA machen einfach Platz, wenn sie sehen da kommt der RTW oder Unimog. Wir fahren auf der Insel nicht mit Blaulicht und mit Martinshorn, das bringt nichts. Wir haben keine Ampeln, wir haben keine wirklichen Verkehrsteilnehmer. Die paar Fußgänger gehen automatisch zur Seite – wäre in der Großstadt undenkbar. Somit ist Neuwerk ideal zum Runterfahren, als Kontrast zur Aktion-reichen Arbeit. Und was ich auch ganz wichtig finde: Man wird mit offenen Armen empfangen.
Schöner Abschluss. Vielen Dank für das Interview!
- [a.schefler]